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HEISSE ÖFEN, REINE LUFT

Wie die KIT-Ausgründung Carola Clean Air GmbH mit speziellen Filtern für Holzfeuerungen gegen Feinstaub in der Luft kämpft.



Wohlige Wärme an kalten Wintertagen ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Mit einem kurzen Griff lässt sich die individuelle Wohlfühl-Temperatur schaffen. Wer vom Sofa im Wohnzimmer den Weg in den Heizungskeller wagt, dem wird jedoch klar: hinter den Grad Celsius steckt ein komplexes technisches System. Spätestens, wenn die Heizung ausfällt, ist Schluss mit der Gemütlichkeit. Aber auch bei laufender Heizung gibt es einige Gründe, über die Nebenwirkungen der Wärme nachzudenken.

„Holzfeuerungsanlagen können an kalten Wintertagen mehr schädlichen Feinstaub ausstoßen als der gesamte innerstädtische Verkehr“, sagt Dr. Hanns-Rudolf Paur, Wissenschaftler am KIT und Mitgründer der Carola Clean Air GmbH, kurz CCA. Dass die hohe Feinstaubbelastung durch Holzheizungen die Lebenserwartung verkürzt, ist noch nicht ins öffentliche Bewusstsein vorgedrungen. Dabei gibt es laut Umweltbundesamt 15 Millionen kleine bis mittlere Feuerungsanlagen auf Holzbasis, wie Kamine oder Heizkessel für Pellet- oder Holzhackschnitzel *.

Dem Gesetzgeber ist das Problem bekannt. Mit einer Novellierung der Immissionsschutzverordnung wurden 2010 strengere Grenzwerte für kleine und mittlere Feuerungsanlagen festgelegt, in einer zweiten Stufe wurden diese Grenzwerte am 1. Januar 2015 noch verschärft. Nun sind die Hersteller von Heizkesseln am Zug, denn sie müssen künftig Anlagen liefern, die die gesetzlichen Vorgaben erfüllen und erheblich weniger Feinstaub ausstoßen als ihre bisherigen Produkte. „Das erfordert ein Umdenken und eine technische Umstellung für eine ganze Branche“, meint Dr. Hans Rheinheimer, Geschäftsführer der CCA: „Diese Umstellung ist eine Herausforderung mit hoher technischer Komplexität, die sich nicht in einer kurzen Zeitspanne meistern lässt“. Wie beim Dieselrußfilter im Auto verspricht die Kombination aus sauberer Verbrennung und Filterung der ausströmenden Abgase die größte Chance auf Erfolg. Das KIT-Wissenschaftler-Team um Dr. Paur hat schon um die Jahrtausendwende mit Forschungen zur Rauchgasreinigung begonnen und damit den entscheidenden Wissensvorsprung. Der Chemiker erinnert sich: „Dass Feuerungen die Umwelt stark belasten und dass künftige Grenzwerte nicht allein durch feuerungstechnische Maßnahmen einzuhalten sind, war schon damals klar. Als Wissenschaftler wollten wir dagegen etwas tun.“

Schritt für Schritt entwickelte das Team sogenannte Carola-Abscheider, die entstehende Feinstäube bei der Feststoffverbrennung um bis zu 90 Prozent senken. „Unsere Abscheider arbeiten mit einem von uns erfundenen und patentierten Verfahren. Die entstehenden Rußpartikel werden elektrisch aufgeladen und danach in einem Kollektor gesammelt. Für die Abscheidung der geladenen Partikel im Kollektor ist kein äußeres elektrisches Feld erforderlich. Durch eine Spiralbürste, die sich in Intervallen dreht, wird der Kollektor automatisch gereinigt und der abgeschiedene Ruß in einem Auffangbehälter gesammelt. Der Filter hat keinen Einfluss auf die Verbrennung im Kessel“, erklärt Dr. Paur.

Nachdem Tests an Prototypen die Erwartungen erfüllt hatten, wurden auch Heizkesselhersteller und Investoren auf das Marktpotenzial der aussichtsreichen Technologie aufmerksam. „In die Technologie zu investieren und damit eine Firma aus dem KIT heraus zu gründen war daher ein logischer Schritt“, so Geschäftsführer Dr. Rheinheimer, der als erfahrener Industriemanager in dem jungen Unternehmen den Privatinvestor vertritt. Mit ersten Pilotkunden werden die Abscheider nun zur Marktreife weiterentwickelt. Für die Wissenschaftler sind dabei ihre Überlegungen zur idealen Rauchgasreinigung auf reale Randbedingungen der Marktwirtschaft gestoßen. Kundenbedürfnisse, Anlagengröße, Produktpreis, Konkurrenz und viele weitere Einflussfaktoren haben zur aktuellen Produktpalette geführt: Rauchgasabscheider, die sowohl als integrierter Teil eines Heizkessels als auch als Nachrüstvariante in unterschiedliche Anlagen eingebaut werden können, deren Leistung sich von 25 bis 400 Kilowatt erstreckt.

Noch zögert die Branche, aber die KIT-Gründer haben langfristige Pläne, so Paur: „Holzfeuerungen werden zukünftig immer strengeren Grenzwerten unterliegen, um die menschliche Gesundheit zu schützen. Außerdem denken wir über viele weitere Anwendungen unserer Technologie nach. Zahlreiche Anfrage aus aller Welt zeigen uns: Die Partikelabscheidung im häuslichen Bereich ist ein riesiger Markt, der sich global langfristig entwickeln wird“.

*Stand 2010, Quelle www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/industriebranchen/feuerungsanlagen/kleine-mittlere-feuerungsanlagen

„Wir sind stolz darauf, dass unsere Forschung nicht nur auf dem Papier steht, sondern als erfolgreiche Innovation endlich eine saubere Holzverbrennung ermöglicht.“

Dr. Hanns-Rudolf Paur

 

 

Bilder: KIT

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