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UM WELLENLÄNGEN VORAUS

Ein Forscherteam rund um Professor Dr. Thomas Zwick hat gemeinsam mit Industriepartnern einen leistungsfähigen Miniatur-Radarsensor entwickelt, der Drohnen für Logistik, Landwirtschaft oder Rettungseinsätze cleverer und sicherer machen kann.



Fledermäuse sehen bekanntlich mit den Ohren: Trotz ihres schlechten Sehvermögens fliegen sie blitzschnell durch die Nacht, ohne an Hindernisse zu stoßen. Möglich macht dies ihre Fähigkeit zur Echoortung. Sie senden im Flug permanent Ultraschallschreie aus, die das menschliche Ohr nicht wahrnehmen kann, da sie außerhalb des hörbaren Frequenzbereichs liegen. Jeder dieser Schreie bewegt sich mittels Ultraschallwellen im Raum. Sobald die Wellen auf ein Objekt oder Hindernis treffen, werden sie als Echo zurückgeworfen und erlauben die Ortung von Gegenständen und die Orientierung für die Tiere. Was Fledermäuse in Perfektion beherrschen, ist ein Wunschszenario für die Mobilität von Drohnen. Die unbemannten Flugobjekte sollen ihre Umgebung erkennen, sich sicher und zielgenau bewegen, damit sie in naher Zukunft zur Arbeitserleichterung beitragen. Bereits heute wird der Einsatz von Drohnen als Helfer getestet: von Drohnen zum automatisierten Düngen von Äckern über Postdrohnen zur Paketzustellung bis hin zu Rettungsdrohnen, die sich durch unsichere und verrauchte Gebäude navigieren. 

Um solche Drohnen zukünftig flugsicher und reaktionsschnell zu machen, sind leistungsfähige Systeme gefragt, die eine exakte und schnelle Abstandsmessung rund um die Drohne in allen Dimensionen garantieren. Anders als bei Fledermäusen basieren die Ortung und Entfernungsmessung hier auf elektro- magnetischen Wellen, bekannt als Radar. „Im Gegensatz zu Ultraschall und optischen Signalen sind Radarwellen unabhängiger von Umwelteinflüssen, wie Wind, Temperatur, Licht, Bewölkung oder gar Rauch, und funktionieren deshalb auch bei schlechten Bedingungen“, erklärt Prof. Thomas Zwick, Leiter des Instituts für Hochfrequenztechnik und Elektronik (IHE) am KIT. Bisher fehlt es jedoch an Radarsensoren, die so leicht und kompakt sind, dass sie überhaupt in Drohnen integriert werden können, ohne die Flugleistung zu beeinträchtigen. 

Maßgeblich beigetragen zur Weiterentwicklung der Radarsensorik hat der Ingenieur Zwick mit seinem Forscherteam. „In mehreren Projekten haben wir ein Radar auf Basis der Silizium-Germanium-Technologie (SiGe) erforscht und weiterentwickelt. Damit ist es möglich, komplexe, hochintegrierte Schaltungen und effektive Antennen für den Hochfrequenzbereich in einem Chip umzusetzen“, erklärt Zwick. Neben dem Chip-Design war vor allem das Packaging, also die Unterbringung aller Komponenten in einem stabilen Gehäuse, eine Herausforderung. Das 8 x 8 mm kleine Gehäuse kann man durchaus als gelungene Miniaturisierung ansehen: Alle hochfrequenten Signale und die fertigungstechnisch kritischen Hochfrequenz-Verbindungen sind vollständig in einem auf Platinen lötbaren Bauelement verbaut, besser bekannt als Surface Mount Device (SMD). Zwick berichtet stolz: „Für mich war der logische Schluss, dass aus dem Demo-Chip ein richtiges Produkt werden soll. Mithilfe unserer Partner haben wir das weltweit erste Kompaktradar bei 122 GHz realisiert, welches im Handel erhältlich ist.“ Der entwickelte Radarsensor, der von der Silicon Radar GmbH vertrieben wird, erreicht eine Messgenauigkeit bis in den zweistelligen Mikrometerbereich – eine Genauigkeit, die bisher nur teuren und aufwendigen Lasersystemen vorbehalten war. Dadurch lässt sich nun auch die Ebenheit von Oberflächen mittels Radar vermessen. 

„Die kompakte Technik wird eine Menge neuer Anwendungen erschließen“, ist sich Zwick sicher. Ein entscheidender Faktor dafür ist die kostengünstige Fertigung bzw. automatisierte Weiterverarbeitung. Aufgrund des Standard-SMD-Gehäuses ist der Radarchip kompatibel mit gängigen Bestückungsprozessen. Damit ist das Radar-Frontend von Endanwendern auch ohne spezielle Kenntnisse der Hochfrequenztechnik in einem industriellen Prozess einsetzbar. „Von Massenanwendungen sind wir noch entfernt, aber die Messleistung unseres Mini-Radars wird gerade in besonders anspruchsvollen Messaufgaben im Vergleich zu Lasern überzeugen. Je größer die Stückzahlen, desto günstiger könnte der Chip produziert werden“, so der Hochfrequenzexperte Zwick. 

„Mit unserem Mini-Radar verbessern wir nicht nur die Messleistung sondern auch die industrielle Fertigbarkeit. Die geringe Größe und die präzise Messung eröffnen ganz neue privatwirtschaftliche Einsatzmöglichkeiten.“

Prof. Dr.-Ing. Thomas Zwick

 

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Bilder: KIT

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