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WOLKIG MIT AUSSICHT AUF TRANSFER

Dr. Ottmar Möhler begibt sich auf die Spur der eiskeimbildenden Partikel in der Luft, welche die Niederschlagsbildung fördern. Gemeinsam mit Industrie- und Forschungspartnern hat er die mobile Wolkenkammer PINE für Langzeitmessungen solcher Partikel entwickelt.

Abbildung grüne Wiese mit grauer Regenwolke


Beim Blick in den Himmel verändern sich unentwegt die Wolkenformationen: Zirrus, Kumulus oder auch Nimbostratus sind nur einige der Wolkenbilder – faszinierend und vergänglich zugleich. Wolken sind aber nicht nur ein Naturschauspiel, sondern ein wichtiger Einflussfaktor für Klima und Umwelt. Sie regeln den weltweiten Wasserhaushalt: Verdunstetes Wasser, etwa aus Seen und Flüssen, wird gespeichert und über lange Distanzen hinweg in den Wolken getragen. Als Niederschlag, zum Beispiel in Form von Regen oder Schnee, gelangt das Wasser schließlich wieder auf die Erdoberfläche und versorgt Flora und Fauna. Hinter der Wolken- und Niederschlagsbildung verbergen sich komplexe physikalische Phänomene, die von verschiedensten Faktoren beeinflusst sind. Dr. Ottmar Möhler widmet sich mit seiner Arbeitsgruppe Aerosol-Wolken-Wechselwirkungen am Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) besonders einer Untergruppe der atmosphärischen Aerosole, die einen zentralen Einfluss auf Niederschläge haben: Ice Nucleating Particles, kurz INPs.

Solche luftgetragenen Aerosolpartikel, meist mineralischen oder organischen Ursprungs, sind bei Temperaturen unterhalb von 0 Grad Celsius für die Bildung von Eiskristallen in Wolken verantwortlich und lösen dadurch die Bildung von Niederschlag aus. „INPs finden sich in der Atmosphäre nur in sehr geringer Konzentration, oft weniger als ein Partikel pro Liter. Systematische Messungen könnten die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Partikel weiter charakterisieren oder Aufschluss über die Bildung und das Wachstum der Eiskristalle geben“, erklärt Möhler die Bedeutung der INP-Messung. Bislang konnten INPs nur mit sehr zeitaufwändigen Methoden und mit geringer zeitlicher Auflösung gemessen werden. „Wir wollten das erste vollautomatisierte INP-Messgerät bauen, welches auch Forschergruppen ohne viel Personalmittel und mit wenig Aufwand einsetzen können, und das dennoch sehr gute Messergebnisse liefert“, so Möhler weiter.

Nach drei Jahren intensiver Entwicklung in Kooperation mit der University of Leeds entstand ein Prototyp eines mobilen Messgeräts für den Langzeitbetrieb. Dieser wurde gemeinsam mit Bilfinger Noell, einem Hightech Unternehmen für Sondermaschinen und Spezialanlagen, innerhalb eines Jahres in ein kommerzielles Messgerät umgesetzt: PINE (Portable Ice Nucleation Experiment). Dr. Wolfgang Walter, Leiter Produktbereich bei Bilfinger Noell, unterstreicht:

„Gemeinsam haben wir gezeigt, dass man in einer partnerschaftlichen, zielorientierten Zusammenarbeit in kürzester Zeit etwas erreichen kann. Auf Basis unserer kryogenen Erfahrung haben wir die optimale Integration aller Komponenten in ein mobiles Produkt erreicht.“ Neben einem neuen Kühlkonzept wurden auch moderne Fertigungstechnologien, wie der 3D-Druck, in Design und Herstellung von PINE eingebracht.

Die Aerosolmessung mit PINE funktioniert wie eine zyklisch arbeitende Expansionskammer, ähnlich der großen Wolkensimulationskammer AIDA (Aerosol Interactions and Dynamics in the Atmosphere) am Campus Nord des KIT. „Es ist uns gelungen, das AIDA-Prinzip auf ein kleines, mobiles Gerät zu skalieren und zu automatisieren“, berichtet Möhler stolz. Das Prinzip ahmt die Wolkenentstehung durch Luftmassenhebung in einer mobilen Kammer nach. In einem Expansionsprozess – bestimmt durch Umgebungsluft, Temperatur und Luftdruck – kommt es unter definierten Prozessparametern in der Wolkenkammer zur Bildung von Wolkentröpfchen und Eispartikeln, ähnlich wie in realen Wolken. Die entstehenden Eispartikel werden dabei mit einem optischen Partikeldetektor gezählt.

PINE konnte durch Bilfinger Noell erfolgreich in den Markt gebracht werden. Die Partner arbeiten bereits an der Weiterentwicklung. Dr. Ronald Hepper, Geschäftsführer von Bilfinger Noell, ist positiv gestimmt: „Die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen bietet eine direkte und enge Beteiligung an der Entwicklung und initialen Anwendung neuer Technologien. PINE eröffnet uns den Einstieg in einen komplett neuen Kundenkreis, dem wir mit einem attraktiven Angebot zur Professionalisierung der Wolkenforschung begegnen.“ Mit dem mobilen Messgerät können verschiedenste Experimente zur Eisbildung von Aerosolen an jedem beliebigen Ort gemacht werden – sowohl im Feld, z.B. auf Bergstationen oder anderen atmosphärischen Messstationen, als auch für Forschungsarbeiten zur Eisnukleation im Labor. „PINE bietet Forschern und Meteorologen einen einzigartigen und wertvollen Einblick in die Entwicklung von Eiskristallen“, davon ist der Wolkenforscher Möhler überzeugt.

„Wir haben den Bedarf gesehen, ein Messgerät als neuen Standard für die Wolkenforschung zu entwickeln. Mit PINE kann die Eiskeimfähigkeit von Aerosolpartikeln weiter entschlüsselt werden.“

Dr. Ottmar Möhler

 

 

Bilder: Der Punkt GmbH · Patrick Langer / KIT

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