Reine Luft in Mississippi

Kemper County liegt im tiefen Süden der USA. Der dünn besiedelte Landkreis im Osten des Bundesstaats Mississippi ist umgeben von großen Braunkohlevorkommen. Seit 2011 entsteht hier das Kemper County IGCC – ein hoch modernes 582-Megawatt-Kohlekraftwerk mit CCS-Technologie, das den steigenden Strombedarf der Bevölkerung in Mississippi ab 2014 mit Braunkohle decken soll. Trotzdem wird es nicht mehr Kohlenstoffdioxid ausstoßen als ein mit Erdgas betriebenes Kraftwerk gleicher elektrischer Leistung. Zwei Drittel des entstehenden Kohlenstoffdioxids werden abgetrennt und zur besseren Ausnutzung benachbarter Erdölfelder verwendet. Im Herzen der riesigen Anlage steckt KIT-Technologie.

Die Braunkohle wird zunächst vergast. Das produzierte Synthesegas enthält jedoch neben den erwünschten Gasen noch mikrometerkleine Feinstaubpartikel. Werden sie nicht ausgefiltert, können sie in kürzester Zeit die Turbinenschaufeln der Gasturbinen zerstören, mit deren Hilfe der Hauptanteil des Stroms erzeugt wird – ein Millionenverlust. KIT-Wissenschaftler Hans Leibold und seine Arbeitsgruppe entwickeln schon seit Mitte der 1990er Jahre clevere Lösungen für ‚Filtersysteme unter Extrembedingungen‘.

Wie kommt Ihre Filtertechnologie in das Kraftwerk?

Hans Leibold: „Die Kraftwerkstechnologie wurde vom US Energieversorger Southern Company mit Unterstützung des amerikanischen Energieministeriums DOE entwickelt. Die Firma Pall Corporation liefert für die Anlage ein Heißgasfiltersystem mit 2.400 Filterelementen. Die Schlüsseltechnologie zur in-situ-Reinigung dieser Filterelemente basiert auf einer KIT-Erfindung, die von KIT und Pall gemeinsam bis zur Marktreife gebracht wurde. Ohne das KIT gäbe es diese Filtersysteme wahrscheinlich nicht. Sie ermöglichen überhaupt erst den notwendigen Langzeitbetrieb bei hohem Druck und hohen Temperaturen.“

Welche Bedeutung haben die Filter im Kemper County Kraftwerk?

Hans Leibold: „Der Vorteil unserer Systeme liegt in einem integrierten Wartungs- und Sicherheitskonzept. In erster Linie filtern sie die Staubpartikel aus dem heißen Synthesegas und schützen die Turbine. Durch unser innovatives Abreinigungssystem ist sichergestellt, dass die Filter unter konstanten Betriebsbedingungen arbeiten. Selbst im Falle eines zerstörten Filterelements kann keinerlei Staub auf die Reingasseite dringen. Unsere Systeme kombinieren die traditionellen Hochtemperaturfilterelemente mit einem integrierten Sicherheitssystem.“

In den 1990er Jahren begann die Erfolgspartnerschaft zwischen Leibolds Arbeitsgruppe und dem damaligen Filterunternehmen Schumacher, heute Pall. ein lückenloses Patentportfolio war von Anfang an die Basis für den Transfer der Filtertechnologie in die Industrie. Das heutige KIT, damals Forschungszentrum Karlsruhe, investierte langfristig in die Weiterentwicklung der Technologie in Richtung Markt. Manfred Salinger von PALL war von Beginn an Partner in der Kooperation.

Wieso war die Kooperation für PALL von Beginn an interessant?

Manfred Salinger: „Die Heißgasfiltersysteme, die in Kraftwerken eingesetzt werden, müssen zuverlässig und robust sein. Fällt ein Filtersystem aus, kann das eine Produktionsunterbrechung zur Folge haben. Unsere Motivation lag daher darin, mit Hilfe eines neuen Abreinigungssystems die Zuverlässigkeit und die Lebensdauer der Filterelemente auf ein noch höheres Level zu heben. Die Kooperation mit dem KIT war in dieser Hinsicht absolut zielführend. Pall produziert und verkauft heute die besten Heißgasfiltersysteme der Welt.“

Der Einsatz von Filtersystemen dieser Art bewirkt einen höheren Wirkungsgrad des gesamten Kraftwerks und trägt damit zu einer Verbesserung der CO2-Bilanz bei. KITund PALL sind den Weg von der Erfindung bis zur Marktreife gemeinsam gegangen und arbeiten auch nach diesem Erfolg an neuen Produktideen. Zum Beispiel für die Biomassevergasung: In der bioliq®-Anlage am Campus Nord des KIT wird momentan getestet, wie auch gasförmige Schadstoffe bei hohen Temperaturen und drücken effizient aus Synthesegasen gefiltert werden können.

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