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HOUSTON, WIR HABEN ALGENSALAT

Wie Clemens Posten und Klaus Slenzka Raumfahrer künftig mit Algensauerstoff atmen lassen möchten.

Professor Clemens Posten


437 Tage dauerte die längste bemannte Raumfahrtmission eines Astronauten: über ein Jahr in Schwerelosigkeit unter harten Bedingungen. Wenn es um die Sauerstoffversorgung der Astronauten geht, werden chemische Tricks eingesetzt. Da im Weltall nahezu kein Sauerstoff vorhanden ist, muss Sauerstoff mitgenommen oder vor Ort produziert werden. Aber nicht nur das: Für die Lebenserhaltung der Astronauten ist es wichtig, das ausgeatmete Kohlendioxid aus der Luft zu entfernen und Giftstoffe und Verunreinigungen herauszufiltern. Auch die Nahrungsversorgung ist nicht ganz trivial.

Raumfahrer essen mit Nährstoffen angereicherte Produkte, die auf die Mission mitgeschickt werden. Für die Lebenserhaltung auf Raumstationen werden komplexe Systeme geplant, die unter anderem Mikroalgen zur Sauerstoff- und Wasserstoffproduktion nutzen. „Grünalgen bauen mithilfe von Lichtenergie Biomasse auf, setzen Sauerstoff frei und verbrauchen CO2“, erklärt KITProfessor Clemens Posten. Mit Mikroalgen kennt sich der Bioingenieur bestens aus. Er forscht daran, wie die grünen Einzeller zur Energieproduktion genutzt werden könnten. Sein Know-how ist seit April 2012 auch bei der Ergründung neuer Möglichkeiten bei Missionen im All gefragt.

„Innovation ist die Überführung wissenschaftlicher Erkenntnisse in anwendbare Produkte.“

Professor Clemens Posten

 

In einem Team mit weiteren deutschen Forschern aus Bochum und Bremen und dem Raumfahrttechnikunternehmen OHB System AG soll Posten im Auftrag des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) einen ‚Algenreaktor‘ für Forschungszwecke in Raumschiffen entwickeln, in dem die nützlichen Einzeller kultiviert und in ein bioregeneratives Lebenserhaltungssystem integriert werden können. Neben der Sauerstoffversorgung könnte dieser Reaktor künftig auch eine weitere Aufgabe übernehmen: die Raumfahrer als Nahrungsergänzung mit zusätzlichen Nährstoffen versorgen.

Die Verhältnisse im All stellen die Forscher jedoch vor große Herausforderungen: „Die verminderte Schwerkraft beeinflusst die Orientierung der Zellen, erschwert den Stofftransport und den Wärmeaustausch, die für das Wachstum der Zellen wichtig sind“, so Posten. Ein weiteres Problem stellt die erhöhte Strahlung im Weltraum dar, die die Algen im Wachstum nicht nur behindern, sondern schädigen könnte.

Dr. Klaus Slenzka ist Leiter des Bereichs Lebenswissenschaften bei der Firma OHB und setzt die wissenschaftlichen Ergebnisse mit seinen Kollegen in hocheffiziente Einzelprodukte für die Raumfahrt um. Er sieht die Kombination aus effizientem mehrstufigem Lebenserhaltungssystem und einem nachhaltigen ökophysiologischen Ansatz als eine der größten Herausforderungen: „Wir wollen kein Kernkraftwerk auf dem Mond schaffen, sondern hocheffizient Sauerstoff und Energie regenerativ produzieren. Ein zweiter Schritt könnte die Produktion von Nahrungsergänzungsstoffen sein. Für ein Raumfahrzeug mit seinen speziellen Anforderungen und den ganz anderen physikalischen Parametern als auf der Erde, ist diese Entwicklung sehr komplex.“

Auch wenn für den Photobioreaktor schon ein vorläufiges Design vorliegt, wird es noch einige Zeit benötigen, bis Raumfahrzeuge mit dem neuen System ins All starten. Nach ersten Experimenten auf der Erde werden die Wissenschaftler das Photobioreaktorsystem bei Flügen mit dem Airbus A300 ZERO-G im kommenden September testen. In parabelförmigen Flugrouten entstehen dabei immer wieder Phasen von Schwerelosigkeit, die für den Test des Bioreaktors unter Weltraumbedingungen erste Erkenntnisse liefern. Wenn die Algen die Parabelflüge überstanden haben, folgen Tests auf Satelliten oder der Internationalen Raumstation ISS.

 

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Bilder: KIT

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