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Garantiert schwindelfrei

Das KIT und ZEISS sagen Produktpiraterie den Kampf an. Gedruckte, fluoreszierende 3D-Mikrostrukturen bieten erhöhten Schutz vor Fälschungen.

Frederik Meyer (links) und Prof. Martin Wegener (rechts) produzieren ihre Mikrostrukturen mit 3D-Druckern der Ausgründung Nanoscribe GmbH.


Lederwaren, Kunstwerke, Schmuck – es gibt kaum einen Bereich, in dem Produktfälschungen nicht alltäglich geworden sind. Alleine im Jahr 2017 hat der deutsche Zoll 3.295.600 gefälschte Artikel im Wert von 196 Millionen Euro aus dem Verkehr gezogen. Schätzungen des Beratungsunternehmens Ernst & Young zufolge erleidet die deutsche Wirtschaft hierdurch jährlich Schaden in Höhe von 56 Milliarden Euro. Doch nicht nur Hersteller stehen den sinkenden Marktanteilen und Imageeinbußen beinahe machtlos gegenüber, auch Kunden haben mit den negativen Folgen der Produktpiraterie zu kämpfen. Gerade wenn Produkte betroffen sind, deren Sicherheit und Zuverlässigkeit, etwa bei Kfz-Ersatzteilen, in Frage stehen, wird der Handlungsbedarf deutlich.

Eine Maßnahme könnte die Weiterentwicklung von Sicherheitsmerkmalen sein, mit denen sich Original und Fälschung eindeutig unterscheiden lassen. „Die meisten optischen Sicherheitsmerkmale basieren heutzutage auf zweidimensionalen Strukturen, wie zum Beispiel Hologrammen. Allerdings konnten diese Verfahren in der Vergangenheit bereits imitiert und als Stempel auf Fälschungen übertragen werden. Wissenschaft und Produktfälscher liefern sich hier ein permanentes Rennen um die Entwicklung neuer Sicherheitsmerkmale und deren Nachahmung“, so Professor Martin Wegener, Gruppenleiter am Institut für Angewandte Physik sowie Direktor am Institut für Nanotechnologie des KIT.

Nach der Anfrage der Carl Zeiss AG, ob ein solches Sicherheitsmerkmal herstellbar wäre, hat er gemeinsam mit dem Wissenschaftler Frederik Mayer und Mitarbeitern von ZEISS ein innovatives Verfahren entwickelt, das auf dreidimensionalen Mikrostrukturen beruht. Diese bestehen aus einem stabilen dreidimensionalen Stützgerüst, in dem sich Quantenpunkte aus fluoreszierenden Materialien variabel anordnen lassen. Schicht für Schicht wird so eine Struktur aus einem nicht-fluoreszierenden und zwei oder mehr fluoreszierenden Fotolacken aufgetragen. Dieser Prozess ist deutlich sicherer als bestehende Verfahren. „Zum einen ermöglicht die Beimengung beliebig vieler verschiedener fluoreszierender Materialien eine hohe Variantenvielfalt, zum anderen ist es aufgrund der Vielschichtigkeit sehr komplex in der Herstellung. Dieses Konstrukt macht Fälschern das Leben schwer“, erklärt Frederik Mayer.

Gedruckt wird mit einem hochaufgelösten Laserlithografiegerät der Firma Nanoscribe GmbH, einem Spin-off des KIT, an dem auch ZEISS beteiligt ist. Der Laserstrahl des Druckers durchfährt den flüssigen Fotolack. Lediglich am Fokuspunkt des Laserstrahls wird das Material belichtet und härtet aus. Besonders ist hier die geringe Größe der optischen Sicherheitsmerkmale mit einer Seitenlänge von 100 Mikrometern, was in etwa der Dicke einer 80g/m² Papierseite entspricht. Dies hat den Vorteil, dass sie mit dem menschlichen Auge nicht erkennbar sind und damit auch auf hochwertigen Produkten, wie etwa Schmuck, dauerhaft aufgebracht werden können. Die Zahl möglicher Anwendungsgebiete ist riesig. „Denkbar wäre, die filigrane Struktur in Sicherheitsetiketten zu integrieren, die eingesetzt werden, um beispielsweise Pharmazeutika oder Original-Ersatzteile von Fälschungen zu unterscheiden. Es wäre aber ebenso möglich, das Verfahren im Bereich des Dokumentenschutzes zu verwenden, etwa als Sicherheitszeichen von Ausweisen und Reisepässen“, so Professor Wegener. „Zum Auslesen ist jedoch ein spezielles Lesegerät nötig, das die fluoreszierenden 3D-Strukturen sichtbar macht. Aktuell verwenden wir dazu ein spezielles konfokales Laserscanning-Mikroskop. Um den Schritt in den industriellen Einsatz zu schaffen, wäre das Ziel, ein handliches und deutlich günstigeres Auslesegerät für die Endkunden zu entwickeln.“

Stefan Richter, Mitarbeiter im Bereich Corporate Research & Technology von ZEISS, betont: „Unser Interesse gilt aktuell vor allem der Forschung. Hier sehen wir uns als Sparringspartner und Berater, der Unterstützung beispielsweise im Bereich der Messtechnik oder der Bereitstellung optischer Komponenten bietet. Langfristig wollen wir natürlich auch prüfen, wie ein mögliches Geschäftsmodell aussehen könnte, wer potenzielle Kunden sind und ob entsprechende Schreib- und Auslesegeräte auf Nachfrage stoßen.“

 

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Bilder: KIT

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