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PROTEINE IM WASCHGANG

Wie Mathias Franzreb und die Andritz AG mit wirbelnden Magnetpartikeln die Biotechnologie- und Pharmabranche verändern möchte.

Für die Entwicklung und Produktion von Medikamenten müssen Proteine aufgetrennt werden. Das KIT hat eine neue Technologie entwickelt, die Prozessschritte einspart.


Wenn zuhause die Waschmaschine anläuft, werden Schmutzpartikel von den Textilfasern getrennt und ausgespült. Proteine sind keine schmutzige Wäsche, aber im einfachsten Sinn vergleichbar: Um sie für die Medikamentenentwicklung und viele andere Anwendungen zu gewinnen, müssen sie aus einem Gemisch unterschiedlichster Moleküle herausgelöst werden. Diese Proteinreinigung kann je nach Zielprotein und dessen Eigenschaften überaus komplex sein. Meistens werden mehrstufige Verfahren angewendet, zum Beispiel Chromatographie oder Zentrifugation. Matthias Franzreb geht mit der Magnetseparation einen anderen Weg: die von ihm und seinem Forscherteam entwickelte ‚Waschmaschine‘ ermöglicht die Proteinreinigung mit weniger Schritten und Aufwand als bisher.

„Schon heute wird die Magnetbead-Technologie im Labormaßstab eingesetzt. Für den Einsatz in der Pharmaindustrie mit ihren hohen Durchsätzen und Qualitätsansprüchen sind diese Geräte jedoch nicht geeignet“, erklärt Matthias Franzreb, der am KIT-Institut für funktionelle Grenzflächen seit knapp 20 Jahren daran forscht, wie sich Magnete in der Bioverfahrenstechnik einsetzen lassen. Doch auf genau diesen großtechnischen Einsatz zielen Franzreb und sein Team: „Es existieren auch schon große Magnetseparatoren, jedoch eher für die Metallverarbeitung und für Bergwerke. Um Proteine für den pharmazeutischen Einsatz zu gewinnen, müssen die Separatoren anders entwickelt werden. Denn während es bei der Metallverarbeitung egal ist, ob sich ein kleiner Prozentsatz des Materials in Ecken und Winkeln absetzt, ist das bei der Medikamentenherstellung inakzeptabel“.

Gemeinsam mit der Firma Andritz AG ist es Franzreb gelungen, einen Demonstrator für die großtechnische Umgebung zu entwickeln, der alle Anforderungen der Pharmaindustrie erfüllt und momentan auf seine Leistungsfähigkeit getestet wird. Dieser Separator enthält im Unterschied zu bisher in Laboren eingesetzten Magnetseparatoren einen Kern aus rotierenden und statischen Platten, bis zu 40 Stück pro Separator. Diese sitzen in einem zylindrischen Separationsbehälter, um den herum eine Magnetspule angebracht ist.

Um die gewünschten Proteine abzuscheiden, werden spezielle Nanomagnetpartikel in den Behälter gegeben. Diese binden das Zielprotein an sich und setzen sich an den perforierten Rotor-Stator-Platten ab. Um die unerwünschten Partikel auszuwaschen, wird jede zweite der übereinander angebrachten Platten zum Rotieren gebracht. Durch die so entstehende Verwirbelung wird der Separationszylinder effizient und gründlich ausgewaschen. Anschließend können immer weiter Durchgänge ablaufen, so dass ein annähernd permanenter Betrieb des Separators möglich ist, erklärt der Ingenieur Franzreb: „Der Betrieb wird durch die Lebensdauer der eingesetzten Magnetpartikel begrenzt, die wir momentan testen. Es sieht so aus, dass sich die Partikel lange genug halten, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen.“

Mindestens die ersten drei Schritte der gebräuchlichen Proteinreinigung – zentrifugieren, filtrieren und eine erste Chromatographiestufe - kann Franzrebs Magnetseparator ersetzen. Er hofft auf eine erfolgreiche Einführung in Unternehmen, die Bioverfahrenstechnik nutzen. In den nächsten Schritten mit dem Kooperationspartner Andritz soll das Gerät an unterschiedliche Standorte in der Industrie ausgeliehen werden, um zum Beispiel Proteine aus einem Serum für die Veterinärmedizin zu gewinnen. Dass der KIT-Magnetseparator als Innovation am Markt ankommt, liegt Matthias Franzreb am Herzen: „Als Ingenieur ist es mein Ziel, dass meine Erfindungen genutzt werden.“

„Man hat als Forscher eine Idee, man entwickelt sie im Labormaßstab weiter, man patentiert sie. Aber um daraus ein Produkt zu machen, brauchen wir Industriepartner.“

Prof. Dr. Matthias Franzreb

 

 

Bilder: KIT

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