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DIE QUADRATUR DER LÜFTE

Wie Professor Uwe Hanebeck gemeinsam mit der COMSOFT GmbH den internationalen Luftraum sicherer macht.



Der größte deutsche Flughafen Frankfurt am Main verzeichnet täglich über 1.300 Starts und Landungen. Im Luftraum der Bundesrepublik fliegen jährlich mehr als drei Millionen Flugzeuge, weltweit sind es täglich etwa 80.000 Flüge. Am Himmel herrscht also dichter Verkehr – trotzdem ist Fliegen eine sichere Art zu reisen. 4.500 Unfalltoten im Straßenverkehr stehen etwa 30 Todesopfer im Flugverkehr im Jahr in Deutschland entgegen. Den größten Anteil an der Sicherheit der Fluggäste hat die Luftverkehrskontrolle. Vom ‚Tower‘ aus werden – vor allem an großen Flughäfen – Starts und Landungen im Minutentakt sicher gelenkt. Vor allem für kleine, abgelegene Flughäfen ist der aufwändige Betrieb von Telekommunikations-, Navigations- und Ortungssystemen jedoch eine Herausforderung.

„Wir haben ein Ortungssystem für zivile Flugzeuge mit dem Produktnamen QUADRANT entwickelt, das sich aufgrund geringer Investitionskosten und gleichzeitig hoher Verlässlichkeit sehr gut als Ergänzung zur bisherigen Flugsicherung eignet“, sagen Manfred Schmid, Geschäftsführer der COMSOFT GmbH und Professor Uwe Hanebeck, Informatikprofessor und Leiter des KIT-Instituts für intelligente Sensor-Aktor-Systeme. Das Karlsruher Unternehmen COMSOFT ist einer der Branchenführer im Bereich des Flugverkehrsmanagements und seit vielen Jahren Kooperationspartner des KIT.

Die Überwachung des Luftraums ist international unterschiedlich organisiert. Die grund - legende technische Basis ist dabei jedoch immer die Radarüberwachung. Alle 200 bis 300 Kilometer sind Radarantennen in Europa und Nordamerika verteilt. Sie senden Signale aus, die vom Flugzeug entweder passiv zurückgeworfen oder, mit Zusatzinformationen wie der Flughöhe versehen, aktiv beantwortet werden. Dabei wird auch eine über das Satellitennavigationssystem GPS ermittelte Position mitgesendet. Vor allem das hohe Störungsrisiko und die mangelnde Genauigkeit bei Höheninformationen macht die GPS-Technologie jedoch nicht zu einer verlässlichen Ergänzung zum Radar. „Unser Überwachungssystem nutzt dagegen Multilateration, die zum Beispiel an geografisch isolierten oder topologisch schwierigen Flughäfen eingesetzt wird. COMSOFT stellt die Systeme, also die Empfangssensoren und Interrogationsantennen, her. Wir am KIT haben dazu eine ergänzende Software entwickelt, die vorhandene Signale nutzt, um Flugzeuge genauer zu orten, als es bisherige Techniken können und dabei auf einer unabhängigen Technik basiert“, sagt Professor Hanebeck.

Multilateration ist eine kooperative Überwachungstechnik, die mit Signalen aus Transpondern arbeitet, die bereits in den Flugzeugen verbaut sind. Diese Signale werden von mehreren Bodenempfängern aufgenommen. Da die Emission eines Flugzeugs zu unterschiedlichen Zeiten bei den Bodenstationen eintrifft, kommen ihre Signalantworten zu geringfügig unterschiedlichen Zeitpunkten dort an. Aus diesen zeitlichen Unterschieden können die Positionen der Flugzeuge mittels komplexer Berechnungen genau ermittelt werden. „Das Problem war bisher jedoch, dass die Empfänger am Boden selbst nicht hundertprozentig genau zeitlich aufeinander abgestimmt waren. Die Stationen hatten also keine absolute gemeinsame Zeit, sondern unterschie - den sich im Bereich von Nanosekunden“, sagt der Informatikprofessor Hanebeck. Die winzig scheinende Zeitunsicherheit führt zu Ungenauigkeiten bei der Lokalisierung der Flugzeuge. Diese Abstimmung der Bodenstationenzeiten stellte die Entwick - ler von COMSOFT und KIT jahrelang vor große Herausforderungen, sagt Hanebeck: „Das Problem war der fehlende Bezugs - punkt, der alle Stationen mit der gleichen Zeit kalibriert. Wir haben dann gemeinsam die Idee weiterentwickelt, statt speziell eingerichteter Messbezüge die Flugzeuge selbst als Bezugssignal zu verwenden“. Ein verblüffender technologischer Durchbruch, der so unlösbar wie die Quadratur des Kreises scheint: „Über den Zeitunterschied der ankommenden Signale von mehreren Flugzeugen stellen wir an den Empfängern deren zeitliche Lage fest. Das ist sozusagen ein mathematisches Henne-Ei-Problem, da sowohl die Sendezeitpunkte der Flugzeuge als auch die genauen Empfangszeitpunkte unbekannt sind. Das lässt sich nur mit Hilfe eines komplexen Gleichungssystems lösen“, erklärt der Informatikprofessor.

Die Entwicklung und Umsetzung dieses mathematischen Clous in einer Software war für den Industriepartner ein wichtiger Meilenstein und wurde sofort zum Patent angemeldet. Manfred Schmid betont, wie wichtig die Kooperation auch für COMSOFT ist: „Als High-Tech Unternehmen in einem Nischenmarkt mit einem weltweiten Kundenstamm ist es für uns unerlässlich, tech - nologisch an der Spitze zu sein, um für unsere Kunden interessant und wettbewerbsfähig zu bleiben Unser Surveillance-System ist einzigartig und wird von uns weltweit eingesetzt – die Entwicklung des KIT ist dabei besonders wertvoll und verschafft uns ein weiteres Alleinstellungsmerkmal.“ Die neuesten Entwicklungen aus der Partnerschaft werden schon im Feld eingesetzt, gemeinsam haben KIT und COMSOFT noch viel vor, sagen Hanebeck und Schmid: „Da wir uns mit unseren Kompetenzen sehr gut ergänzen, bauen wir unsere gemeinsamen Entwicklungstätigkeiten weiter aus.“

„Impulse aus der Wissenschaft ergänzen und bereichern unser Streben nach technologischer Höchstleistung ‚Made in Germany‘.“

Manfred Schmid, Geschäftsführer von COMSOFT

 

 

Bilder: KIT

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