Frauen in Forschung und Innovation – Interview mit Prof. Dr. Ute Schepers



INTERVIEW MIT PROF. UTE SCHEPERS

Prof. Dr. Ute Schepers leitet ein interdisziplinäres Team mit hohem Frauenanteil. Sie plädiert für ein stärkeres Engagement von Frauen in Forschung und Innovation. Die privaten und beruflichen Ansprüche an die Lebensplanung ließen sich vereinbaren – solange die richtigen Schritte in der richtigen Lebensphase vorangetrieben würden.

 

Prof. Dr. Ute Schepers
Prof. Dr. Ute Schepers

Frau Prof. Schepers, Sie fördern explizit einen hohen Anteil von Frauen unter Ihren Doktoranden. Warum?

Weil ich denke, dass Frauen explizit auch Frauen fördern sollen, um sie zu motivieren, Führungspositionen einzunehmen, auch wenn sie eine Familie gründen wollen. Wenn wir als Frauen nicht zeigen, dass man beides unter einen Hut bringen kann, wer soll es denn sonst tun. Wenn die Mitarbeiterinnen sehen, dass es funktioniert, sind sie vielleicht eher bereit, den nächsten Karriereschritt zu machen. 

 

Woran liegt es, dass weniger Frauen als Männer ihre wissenschaftliche Karriere sehr konsequent verfolgen?

Bis zur Promotion sind Frauen und Männer auch in den MINT Fächern mittlerweile gleichauf. Danach kommt der große Einbruch. Und das hängt von drei wesentlichen Faktoren ab: Der erste ist der Eintritt in das Berufsleben. Frauen wagen weniger und setzen auf sichere Anstellungen, auch wenn das bedeutet, dass sie eine schlechter bezahlte Position bekommen. Auch nur sehr wenige Frauen wagen daher den Weg der Firmengründung. Frauen sind definitiv in der Jobsuche weniger ortsflexibel, weil sie Familien-affiner sind. Es gab mal eine Einschätzung von Arbeitspsychologen, dass Frauen auch weniger auf Statussymbole im Berufsleben wertlegen. So ist z.B. ist häufig das eigene Büro kleiner als das des gleichrangigen männlichen Kollegen, was zum Respektverlust bei Kollegen und Mitarbeitern führt. Das glaube ich aufs Wort. Allein dass Frauen immer noch deutlich schlechter bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen mit der gleichen oder z.T. sogar schlechteren Qualifikation, gibt ihnen eine deutlich schlechtere Ausgangsbasis für eine gleiche Karrierechance. Leider sind es aufgrund des Mangels an weiblichen Bewerbern in Berufungsverfahren für Professuren auch meist Männer, die berufen werden, da sie auf eine Ausschreibung besser passen. Frauen nutzen auch das sogenannte Netzwerken nicht, da sie meist denken, dass sie es mit Leistung auch allein schaffen. Dadurch entgehen ihnen sehr viele Chancen. Der zweite und vielleicht sogar wesentliche Faktor ist die Familiengründung. Frauen planen die Familie von Anfang an in ihre Karriere mit ein. Das ist leider immer noch ein Widerspruch in sich für eine steile wissenschaftliche, Karriere mit vielen Zeitverträgen und Ortswechseln. Erfolgreiche Professorinnen sind leider durch die Zeit, die die Karriere kostet, oft kinderlos, wodurch sie auch als Role Model nicht wahrgenommen werden. Wenn es uns gelänge, eine langfristige (über die KITA hinaus) und selbstverständliche Kinderbetreuung zu schaffen, dann ließe sich auch die Familienplanung mit in die Karriere einbeziehen. Der dritte Faktor ist nicht ganz offensichtlich und hat mit der Kreativität zu tun. Die wissenschaftliche Karriere ist nicht nur die Karriere an sich: d.h. Promotion, Postdoc, Habilitation sondern auch ein kreativer Raum. Frauen sind sehr zielstrebig. Das zeigt sich schon in der Promotion. Sie verfolgen die Fragestellung bis sie das Ziel erreicht haben auf dem direkten Weg, während Männer sich auf diesem Weg sehr häufig ablenken lassen und dadurch auch durchaus sehr interessante Entdeckungen machen und sich davon inspirieren lassen. Dadurch entsteht ein größerer kreativer Raum, in dem man auch stärker wahrgenommen und gefördert wird. Das fördert nicht nur die Karriere sondern auch den eigenen Willen in der Wissenschaft zu bleiben. Ich versuche meine Doktorandinnen dazu zu bringen, auch eigene Ideen zu entwickeln und sie zu verfolgen. Die reichen wir dann auch zum Innovationswettbewerb ein. Das motiviert.

 

Wie können Frauen die Anforderungen einer zeitintensiven wissenschaftlichen oder forschungsnahen Karriere mit der Familienplanung unter einen Hut bringen?

Wie bereits gesagt, fehlt noch eine längerfristige Kinderbetreuung auch über die KITA hinaus. Das funktioniert am KIT schon sehr gut aber in vielen anderen Institutionen überhaupt nicht.

Wenn man genau hinschaut, ist die wissenschaftliche Karriere doch gut mit der Familie vereinbar. Wir als Frauen müssen das nur unseren Doktoranden vorleben. Jeder weiß, dass Publikationen schreiben oder Drittmittel einwerben nicht in den schon ohnehin vollen Tagesplan passen und viele Überstunden erfordern. Das schöne ist aber, dass man hauptsächlich für sich selbst arbeitet, viel Flexibilität in Arbeitszeit und Ort (Homeoffice, Mutter-Kind Büro etc) hat, mit vielen talentierten jungen Leuten zusammenarbeitet, und jeder Tag anders ist. D.h. hier gibt es eine große Mitbestimmung, wie ich meine Arbeit gestalte.

Anders ist es da mit Ausgründungen:

In Phasen denken – Anfang Mitte 30 ist für Frauen ein schlechter Zeitpunkt zum Unternehmen gründen –  hier ist die Risikobereitschaft  von Frauen sehr gering. Faktoren wie unsicheres Gehalt, aufzubringendes Kapital, Unsicherheit ob das ganze überhaupt funktioniert sind  no go Kriterien für eine gleichzeitige Familiengründung. Männer reizt eher dieses Risiko. Sie finden die Entrepreneurship Szene attraktiv, da Männer sich gerne treffen und Netzwerken. Frauen liegt das weniger: sie empfinden das eher als Zeitverschwendung.

Ab 40 dreht sich das dann wieder und Frauen suchen dann interessante Betätigungsfelder. Man ist gesetzter, sieht vieles lockerer, da man mehr Erfahrungen gemacht hat. Und: die Familienplanung ist meist umgesetzt und dieser Druck fällt ab.

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