• Klima, Umwelt und Gesundheit

GUTE AUSSICHT, DICKE LUFT

Die Bruker Optik GmbH in Ettlingen entwickelt und vertreibt eine breite Palette von Fourierspektrometern für unterschiedliche Anwendungen, darunter auch Instrumente zur Detektion von atmosphärischen Spurengasen. Ein neues portables Fourierspektrometer zur hochgenauen Messung von Treibhausgasen wurde nun von Wissenschaftlern des KIT in Zusammenarbeit mit Bruker entwickelt.



Der Blick vom Mauna Loa lässt nicht unbedingt an die klassischen Bilder verpesteter Luft denken. Der aktive Vulkan auf Hawaii liegt malerisch und nahezu menschenleer. Trotzdem fällt der Name Mauna Loa oft dann, wenn es um den Klimawandel und Kohlenstoffdioxid geht. Die Ausläufer des Vulkans beherbergen eine meteorologische Station, die seit 1958 den Einfluss des Menschen auf die Zusammensetzung der Atmosphäre misst. Die so erfasste Kurve zeigt einen steigenden Kohlendioxidgehalt und bildet eine gute Basis für die Dokumentation langfristiger Entwicklungen. Für die Bewertung konkreter Maßnahmen im Bereich des Klimaschutzes, letztlich auch, um die richtigen politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen zu treffen, werden genaue und repräsentative Messungen des Kohlenstoffdioxidgehalts an möglichst vielen Orten benötigt. Dafür sorgen Wissenschaftler des KIT im Team um Dr. Frank Hase am Institut für Meteorologie und Klimaforschung, Atmosphärische Spurengase und Fernerkundung, unter Leitung von Prof. Dr. Johannes Orphal.

Die Klimaforscher des KIT haben ein mobiles Messinstrument entwickelt, mit dem sie Quellen und Senken von Treibhausgasen lokal ausmachen können. „Unser Gerät misst Gasmengen in der Atmosphäre mit bisher unerreichter Genauigkeit. Um die über alle Höhenschichten der Atmosphäre gemittelte Gasmenge zu bestimmen, verwenden die Geräte die durch die Gase bewirkte charakteristische Abschwächung der solaren Wärmestrahlung. Die neuen Spektrometer sind kleiner, robuster, mobiler und einfacher zu bedienen als die stationären Laborspektrometer, die für derartige Messungen üblicherweise in der Meteorologie eingesetzt werden“, erklärt Projektleiter Frank Hase. Das neue Spektrometer kann Änderungen des atmosphärischen Gehalts von Kohlenstoffdioxid und Methan von weniger als 0,1 Prozent detektieren. Indem mehrere dieser portablen Fourierspektrometer um eine zu untersuchende Region, zum Beispiel eine Großstadt, eine Industrieanlage oder eine Müllkippe, herum aufgestellt werden, lässt sich aus dem Vergleich der gemessenen Gasmengen auf der dem Wind zu- und abgewandten Seite die Stärke der Quelle ableiten.

Schon früh zeigte Bruker Interesse an den Plänen der Klimaforscher, ein maßgeschneidertes kompaktes Spektrometer für Treibhausgasmessungen zu entwickeln. Das Unternehmen ist Marktführer im Bereich großer spektral hochauflösender Spektrometer, wie sie für Laboranwendungen und die Atmosphärenforschung Verwendung finden. Bruker vertrieb zu Beginn der Zusammenarbeit 2011 ein handliches und solides Spektrometer zum Analyse-Einsatz bei Bränden, das EM27. „Unsere Kooperation mit dem KIT hatte zum Ziel, ausgehend vom EM27-Spektrometer ein neuartiges Instrument für Treibhausgasmessungen zu entwickeln. Hierzu wurde der optische Aufbau des Gerätes basierend auf den Voruntersuchungen des KIT verändert und das Gerät wurde mit einem kompakten Sonnenverfolger kombiniert. Mit dieser Neuentwicklung, dem EM27/SUN, lassen sich für die hier gegebene Fragestellung Ergebnisse mit einer Genauigkeit erzielen, die mit den traditionellen spektral hochauflösenden Messungen mit deutlich aufwändigeren und nicht portablen Geräten vergleichbar ist, da die Signale, also die gemessenen Spektren, sehr wenig Rauschen enthalten“, so Prof. Dr. Roland Harig von Bruker Optik.

Inzwischen setzen Klimaforscher rund um die Welt das Fourierspektrometer ein. Das Team am KIT betreibt heute – ermöglicht durch Fördermittel aus der Helmholtz-Forschungsinfrastruktur ACROSS – zehn mobile Instrumente und hat unter anderem bereits erfolgreich die Treibhausgasemissionen von Berlin, Paris und Tokio vermessen: Mit mehreren um die Stadt verteilten Spektrometern konnten sie sowohl die erhöhten Werte in der Abluftfahne der Stadt als auch die Hintergrundkonzentration messen, also die Menge an Treibhausgasen, die in der Atmosphäre heute vorliegt. Aus den Differenzen haben die Forscher die tatsächlichen Emissionsstärken von Kohlenstoffdioxid und Methan ermittelt. Ihre Daten können Ländern und Städten dabei helfen, Annahmen über ihre Emissionen mit direkten Messungen zu überprüfen. Die Messkampagnen um Paris und Tokio wurden in internationaler Zusammenarbeit durchgeführt: in Paris u.a. mit dem Laboratoire des Sciences du Climat et de l’Environment (LSCE), der Université Pierre et Marie Curie und der Université Paris-Est Créteil, in Tokio in Zusammenarbeit mit der japanischen Weltraumbehörde JAXA und dem National Institute for Environmental Studies (NIES).

Mit ihrem Verfahren haben sich die Forscher außerdem an ein besonderes Politikum gewagt: Im US-Bundesstaat Colorado konnten sie in Kooperation mit der University of Colorado in Boulder und dem National Center for Atmospheric Research (NCAR) in einem Gebiet mit starker Frackingaktivität nordwestlich von Denver sehr starke Methanemissionen nachweisen – ein gewichtiges Argument gegen die umstrittene Methode zur Gas- und Ölgewinnung.

Ihre weltweiten Aktivitäten und Bemühungen zum Klimaschutz haben nicht nur in Forschungskreisen Bahnen gezogen: 2016 stellte Frank Hase sein Verfahren bei der „Woche der Umwelt“ des Bundespräsidenten und der Deutschen Stiftung Umwelt im Berliner Schloss Bellevue vor. Die fortgesetzte Kooperation des KIT mit dem Industriepartner Bruker sorgt indessen dafür, dass die technische Neuerung nicht auf dem zunächst erreichten Stand stehenbleibt: Zwischenzeitlich haben die Forscher des KIT das Gerät um einen weiteren Spektralkanal erweitert, der zusätzlich die Messung von Kohlenmonoxid erlaubt. Ein Aspekt, der dem Forscher wichtig ist: „Jedes verkaufte Gerät sorgt für neue und bessere Erkenntnisse über den Kohlenstoffkreislauf und die anthropogenen Treibhausgasemissionen und befördert die internationale wissenschaftliche Kooperation in diesem Forschungsbereich. Wir können zusehen, wie der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre immer schneller ansteigt: Leider ist die Menschheit offensichtlich noch weit entfernt vom Ideal des vernünftigen nachhaltigen Wirtschaftens.“

„Unsere Geräte werden nicht nur in die ganze Welt verkauft und dort genutzt. Wir bauen dadurch auch ein globales Netzwerk zum Wohl der Klimaforschung auf.“

Dr. Frank Hase

 

 

Bilder: KIT

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