Gegenstand des 2011 gestarteten, ersten Technologietransfer-Projekts war, zunächst im Labormaßstab aufzuzeigen, zu entwickeln und zu validieren, wie eine Anwendung der Mikroreaktortechnologie des KIT für die spezifischen Bedarfe bei Cargill aussehen könnte. Nach erfolgreichen Laboruntersuchungen mit guten Ergebnissen hinsichtlich Umsatz und Selektivität folgte der Aufbau einer Technikumsanlage, die die Technik auf Nachhaltigkeit, Robustheit und Verlässlichkeit prüfte und die heute noch im Cargill-Werk in Krefeld im Einsatz ist. „Ich habe schon viele Technologietransfer-Projekte begleitet. Nach der Machbarkeitsphase wünschen wir uns natürlich immer die Skalierung auf den großen Maßstab und damit den Einsatz nicht nur im Forschungsbereich, sondern auch in der Industrie. Das Motto ‚Never change a running system‘ gilt es zu überwinden, Vertrauen in Innovation zu schaffen und damit neue Technologien zu etablieren. Wir waren sehr erfreut, als wir von Cargill hörten, dass sie sich für den Bau einer neuen Anlage und damit erstmals für den Einsatz der am KIT entwickelten Technologie im Produktionsmaßstab entschieden haben“, berichtet Körber. Eine unter Einbezug von Marktveränderung, Branchenentwicklung und Firmenpolitik nicht einfache und risikoreiche Entscheidung. „Auf eine neue, nicht bewährte Technologie zu setzen, ist und bleibt ungewiss. Dass Cargill sich dazu entschlossen hat, ist eine beachtenswerte Entscheidung. Auch für uns aus Sicht des KIT, denn hier geht es um weit mehr als ‚nur‘ gute Laborergebnisse, wie beispielsweise der Steigerung des Umsatzes und der Reinheit des Produktes.
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Erfolgreicher Technologietransfer
„Der Anstoß für ein erstes gemeinsames Technologietransfer- Projekt mit Cargill ist durch die langjährige Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Jürgen Brandner vom Institut für Mikrostrukturtechnik 2008 entstanden“, erinnert sich Dr. Rainer Körber, promovierter Chemiker und Innovationsmanager am KIT. „Wir haben gemeinsam viele Ideen entwickelt, unter anderem zu Mikrowärmetauschern und Mikroreaktoren. Auch mit Cargill war ich seit etwa 2008 in regelmäßigem Austausch“, so Körber weiter. Cargill befasst sich mit dem Handel von Lebens- und Futtermitteln, unter anderem von Nahrungsmittel-Grundstoffen wie Glukose und Stärke. „Die am KIT entwickelte Mikroreaktortechnologie ist für die Polymerisierung von Zucker und damit für die Herstellungsprozesse von Cargill interessant. Wir kamen also auf die Idee, beides miteinander zu verbinden. Das war im Prinzip der Grundstein für die langjährige Zusammenarbeit und die kürzlich in Betrieb genommene Anlage“, resümiert Körber.
So kommt es wirklich nicht jeden Tag vor, dass aus einem gemeinsamen Entwicklungsprojekt eine 38 Millionen Euro teure Anlage entsteht“, so Körber weiter. Mit der Intention, eine neue Technik zu entwickeln, die für Cargill im späteren Einsatz eine Umsatzsteigerung durch effizientere Prozesse und Kapazitätserhöhung verspricht, haben die Kooperationspartner in der jahrelangen Zusammenarbeit von der Ideenfindung über die Technologieentwicklung hin zum Scale-up den Grundstein für einen erfolgreichen Anlagenbau gelegt. Am 16. November 2022 wurde die neue Produktionsanlage im polnischen Breslau offiziell eröffnet. Cargill hat gemeinsam mit dem KIT auf eine innovative technische Lösung für die zukünftige Polydextrose-Produktion gesetzt. „Ich freue mich, dass wir heute gemeinsam eine so wichtige Investition einweihen können“, sagte Ryszard Pacholik, Bürgermeister des Bezirks Kobierzyce, bei der Inbetriebnahme.
Cargill legt mit der neuen Anlage den Grundstein für die steigende Nachfrage nach zuckerreduzierten Produkten. Mit der neuen Produktionslinie kann das Unternehmen lösliche Ballaststoffe herstellen, die eine Zuckerreduzierung von mindestens 30 Prozent ermöglichen. Dadurch können Lebensmittel- und Getränkehersteller das Nährwertprofil einer breiten Produktpalette, wie Süßwaren, Backwaren, Milchprodukten und Getränken, verbessern.
Bilder: Cargill Inc.