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MOBILITY THAT NEVER SLEEPS

Wie U-Shift den Verkehrskollaps umschiffen will.

Darstellung des U-Shift: Antriebseinheit mit aufgesetzter Transportkapsel


Fahrerloser Möbeltransport vor die Haustür, selbstfahrende Gruppentaxis, Paketauslieferung bei Parkplatzmangel innerhalb der Last Mile? Eine Utopie der Zukunft?

Dr. Hannes Stoll und Marc Schindewolf arbeiten gemeinsam in einem Büro.
Dr. Hannes Stoll und Marc Schindewolf arbeiten im Projekt an der Weiterentwicklung der elektrisch-elektronischen Architektur des U-Shift.

Forscherinnen und Forscher des Instituts für Fahrzeugsystemtechnik (FAST) und des Instituts für Technik der Informationsverarbeitung (ITIV) am KIT arbeiten an dem Konzept eines modularen, fahrerlosen und elektrischen Fahrzeugs. Das Projekt, das die Lösung für urbane Verkehrsprobleme sein könnte, wird im Verbund unter der Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zusammen mit der Universität Ulm und dem Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart erforscht. Denn eines ist allen Beteiligten klar: Überfüllte Straßen, Feinstaubbelastung für Anwohner, zu hoher CO2-Ausstoß und Parkplatzmangel sind vor allem in mittleren und großen Städten Normalität und führen früher oder später zum Umwelt-, Gesundheits- und Verkehrskollaps.

 

Urbanes Mobilitätskonzept von Morgen

U-Shift ist ein elektrisch angetriebenes Fahrzeugkonzept, dessen zentrales Merkmal die Trennung von Antriebseinheit, Driveboard genannt, und Transportkapsel ist. Das geteilte Konzept ermöglicht ein Aufnehmen unterschiedlicher Kapseln an verschiedenen Orten und somit den flexiblen Transport von Personen und Gütern mit nur einer Antriebseinheit. Vom barrierefreien On-demand- Shuttle, über den Hightech-Rufbus, bis hin zum flexiblen Verteilzentrum für Güter und Pakete: U-Shift passt sich den unterschiedlichsten Anforderungen und Gegebenheiten an.

„Ein gutes Stichwort für die zahlreichen Anwendungen von U-Shift ist ‚Shared Mobility‘: Sei es morgens die Kinder mit einer Transportkapsel in die Schule fahren, danach die Markthändler mit ihrer Verkaufskapsel auf dem Marktplatz abladen, am Nachmittag den öffentlichen Nahverkehr während der Rushhour unterstützen und nachts die vollen Papiercontainer gegen leere austauschen“, zeigt Dr. Michael Frey, stellvertretender Institutsleiter am FAST, die Vielseitigkeit von U-Shift auf.

U-Shift ist ein Allround-Talent, 24/7 nutzbar und extrem flexibel. Bisher getrennte Geschäftszweige können miteinander verbunden und das teure Antriebsmodul so effizienter genutzt werden. Warum aber sollten unterschiedliche Fahrzeugnutzungen aus unterschiedlichen Branchen miteinander verknüpft werden?

 

Von Stehzeugen zu synergetischen Fahrzeugen

„Was ist der Vorteil einer Trennung?“, kontert Prof. Dr. Eric Sax, Institutsleiter am ITIV. „Wir haben heute Fahrzeuge, die diesen Ausdruck nicht verdienen. Es sind vielmehr ‚Stehzeuge‘: Sie werden nur fünf Prozent des Tages genutzt.“ Mit Blick auf die aktuellen Bestrebungen von Politik und Automobilbranche wird klar, dass E-Autos zwar einen Beitrag zur Verkehrswende leisten können, als Individualfahrzeuge jedoch trotzdem zum Verkehrskollaps beitragen. „Mobile Symbiosen, die durch das Zusammenlegen von individueller Fortbewegung und dem öffentlichen Verkehr entstehen würden, können Fahrzeuge effizienter auslasten und das Verkehrsnetz entlasten, vor allem, wenn man auch den Güterverkehr mit einbezieht“, erläutert Dr. Frey.

 

3D gedrucktes Bauteil für U-Shift
Dr. Michael Frey und Fabian Weitz arbeiten im Projekt an der Weiterentwicklung von Fahrwerk und Lenkung.

Bürgerbeteiligung im Entwicklungsprozess

Nach einer ausführlichen Machbarkeitsstudie ist 2020 ein rollfähiger Prototyp entstanden, um das Grundprinzip von U-Shift in einem frühen Stadium zu simulieren, das Fahrzeug erlebbar zu machen und damit externe Erkenntnisse und Meinungen einzuholen. „Intensive Gespräche im Rahmen eines Bürgerdialogs lassen Bedürfnisse und Wünsche aus der Gesellschaft in die weitere Entwicklung einfließen. Unter Berücksichtigung dieses Inputs sowie der ausführlichen Betrachtung der Technologie entsteht derzeit ein Demonstrator“, beschreibt Fabian Weitz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am FAST, den aktuellen Projektstand. Dieser nimmt neben der Weiterentwicklung der technischen Komponenten vor allem ein kritisch hinterfragtes Thema in den Blick:

 

Sicherheit

„Bei einem fahrerlos vollautomatisiert fahrenden Auto brauchen wir die Gewissheit, dass alles funktioniert. Es muss zum einen sicher für Insassen und Umfeld sein, zum anderen aber auch vor Angriffen durch beispielsweise Hacker vollumfänglich geschützt werden. Komplettausfälle können fatale Folgen haben, daher müssen wir mit größter Intelligenz Mechanismen wie Firewalls, Kryptologie oder Authentifizierungen vorsehen und die Ausfallsicherheit berücksichtigen“, sagt Dr.-Ing. Hannes Stoll, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ITIV. Da die Steuerung der Fahrzeuge auf Software basiert, sind neben der Fehlentscheidungen der künstlichen Intelligenz auch Softwareabstürze oder Hackerangriffe beängstigende, aber realistische Szenarien. Technische Mängel und Fehlfunktionen stehen zurecht schnell im Fokus gewohnheitsliebender Verbraucher, daher beschäftigt sich das Forschungsteam intensiv mit der Sicherheitsfrage auf allen Ebenen. „Überwachungssysteme geben ein Gefühl von Sicherheit. Auch bei U-Shift wird es ein solches geben, zum Beispiel in Form einer Leitstelle, die bei Notwendigkeit eingreifen und Fahrbefehle freigeben kann“, so Dr. Frey. Neben der Umsetzbarkeit nehmen die Forschenden damit einen der wichtigsten Faktoren mobiler Zukunftsszenarien in den Fokus: die Akzeptanz.

 

Ist U-Shift alltagstauglich?

„Wenn wir mit einem System wie U-Shift in den Markt eintreten, ohne dass sich automatisiertes Fahren an vielen Ecken durchgesetzt hat, wird es sehr schwer, eine breite Akzeptanz zu erzielen. Ein Ansatz ist, ein solches Konzept beispielsweise zunächst im Güterbereich oder auf geschlossenen Strecken einzuführen“, so Marc Schindewolf, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ITIV. Dass das Konzept aber nicht nur für den Güterbereich sinnvoll ist, zeigen erste Rückmeldungen mit Testläufen autonomer Kleinbusse in Städten. „Die Bevölkerung ist sehr positiv eingestellt, vor allem die älteren Leute zeigen sich extrem interessiert an der Technologie. Ihnen bietet U-Shift im Alter die Möglichkeit, auf den Führerschein zu verzichten und trotzdem mobil zu bleiben“, fasst Dr. Frey das Feedback zusammen. Bis das Konzept auf den Straßen zu sehen sein wird, dürften noch einige Jahre vergehen. Träumen dürfen wir aber schon, dass U-Shift die junge Generation von heute im Alter unterstützt.

 

 

Bilder: Markus Breig / KIT

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