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Saubere Fahrt voraus

Die Ausgründung Revyve Technologies entwickelt Wasserstoffmotoren für den Bootssektor, um klimaneutrale Mobilität auf dem Wasser zu ermöglichen und die Zukunft des Seeverkehrs nachhaltig zu gestalten.



Weltweit ist die Schifffahrt für den Ausstoß von rund drei Prozent Kohlenstoffdioxid verantwortlich, in der EU liegt der Wert bei rund elf Prozent im maritimen Verkehrssektor. Strikte Emissionsgrenzwerte, wie wir sie im Automobilbereich kennen, existieren auf dem Wasser noch nicht. Nicht verwunderlich ist daher, dass die gemessene Schadstoffbelastung in Häfen deutlich über der des Straßenverkehrs liegt. Die Ausgründung REVYVE Technologies hat einen Ansatz entwickelt, um diesem Problem zu begegnen: Wasserstoffmotoren für den maritimen Bereich. Fachkundige Dienstleistungen des Gründerduos David Gerber und David Leimann sollen den Übergang von herkömmlicher Kohlenwasserstoffverbrennung zu sauberem Wasserstoff erleichtern. „Mit unserem Fachwissen und unserer firmeneigenen Simulationskette können wir einen kostengünstigen und effizienten Umstellungsprozess aufzeigen. Unsere langfristige Vision ist die Entwicklung eines eigenen Wasserstoffmotors auf Basis bestehender Verbrennungsmotoren“, beschreibt Mitgründer Gerber ihr Vorhaben.

 

Altbekannte Technologie für neue Innovation: Die Gründer von Revyve Technologies rüsten herkömmliche Verbrennungsmotoren auf Wasserstoffmotoren für den maritimen Sektor um.
Altbekannte Technologie für neue Innovation: Die Gründer von Revyve Technologies rüsten herkömmliche Verbrennungsmotoren auf Wasserstoffmotoren für den maritimen Sektor um.

Always change the running system

Beide haben am KIT studiert und in der Industrie gearbeitet. Mit der Automobilbranche, Motoren und zugrunde liegenden Emissionsrichtlinien kennen sie sich bestens aus. Die fehlenden Regularien für den maritimen Bereich und die Adaptionsmöglichkeit von Pkw-Motoren auf den Bootssektor waren Ansporn für die Gründung: „Richtung 2030 sollen strengere Emissionsgrenzen für die Schifffahrt eingeführt werden, die nicht nur Bootsbesitzer, sondern auch Hafenbetreiber treffen. Der Ersatz von kohlenstoffhaltigen Kraftstoffen durch Wasserstoff ist mit wenig Aufwand in bestehenden Motoren möglich. Das Gute: Vor allem in der mittleren Größenordnung zwischen 100 und 1.000 Kilowatt können Motoren aus dem Automobilbereich auch im maritimen Bereich eingesetzt werden“, erklärt Mitgründer Leimann. Ziel der beiden Gründer ist es, bestehende Systeme beizubehalten, diese aber zu dekarbonisieren. Dass das bekannte Zitat „never change a running system“ überholt ist, zeigt sich also nicht nur in permanenten Veränderungsprozessen im Rahmen der Digitalisierung, sondern auch im produktorientierten Fall von REVYVE.

 

Wiederbelebung einer ausgereiften Basistechnologie

Der 29. Januar 1886 gilt als Geburtsstunde des Automobils, als Carl Benz sein Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb zum Patent anmeldete. Eine Erfindung, die in knapp 140 Jahren zu hochmodernen Motoren weiterentwickelt wurde. „Einen eigenen Motor zu entwickeln, macht bei einer solch etablierten Technologie keinen Sinn, vor allem nicht, weil sie problemlos im maritimen Bereich eingesetzt werden kann“, so Leimann weiter. REVYVE setzt stattdessen auf die Umrüstung bestehender Motoren. Voraussetzungen dafür sind unter anderem Anpassungen des Aufladesystems, der Kraftstoffzufuhr und des Zündsystems. Zudem müssen für einen funktionierenden Wasserstoffbetrieb im Motorinneren Veränderungen vorgenommen werden. „Wir haben in den letzten Jahren viel Zeit in die Überlegungen investiert, welche Teile wie angepasst werden müssen und welche Komponenten wir dafür nutzen können. Wir haben uns sehr intensiv mit dem Einsatz von Wasserstoff in verschiedenen Anwendungen beschäftigt, vor allem hinsichtlich sicherheitsrelevanter Aspekte, wie der Entzündlichkeit“, beschreibt Gerber das Vorgehen. Mit diesem Wissen haben die Gründer eine umfangreiche Vorabschätzung des beschriebenen Motorumbaus aufgebaut, die sie ihren Kunden als Dienstleistung anbieten. „Zu unserem Leistungsspektrum gehört aber auch das anschließende Testen der Vorabschätzung am Motorenprüfstand. Wir nutzen dafür einen auf Wasserstoff umgerüsteten Verbrennungsmotor und können durch das Testen weiteres Optimierungspotenzial aufzeigen“, so Gerber weiter. Im Laufe des nächsten Jahres planen die beiden Gründer ihren ersten Wasserstoffmotor auf den Markt zu bringen. „Wir möchten den Kunden langfristig ein vollumfängliches Leistungsportfolio anbieten – von der Visualisierung über den Prüfstand bis zum einbaufertigen Motor. Derzeit wählen wir einen Basismotor aus, sodass wir zeitnah mit dem Umbau beginnen können. Die dafür notwendigen zertifizierten Bauteile sind bereits auf dem Markt erhältlich“, ergänzt Leimann.

 

Die Revyve-Gründer David Leimann und David Gerber haben ihre Räumlichkeiten am Campus Ost des KIT. Dort erhalten sie nicht nur wertvolle Unterstützung von Experten, sondern testen ihre Vorabschätzungen gemeinsam mit Ivica Kraljevic, Simon Braun und Florian Sobek vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) am Motorenprüfstand (Namen v. l. n. r.).
Die Revyve-Gründer David Leimann und David Gerber haben ihre Räumlichkeiten am Campus Ost des KIT. Dort erhalten sie nicht nur wertvolle Unterstützung von Experten, sondern testen ihre Vorabschätzungen gemeinsam mit Ivica Kraljevic, Simon Braun und Florian Sobek vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) am Motorenprüfstand (Namen v. l. n. r.).

Umschlagpunkte im Wandel

Für den Schritt vom Forschungsstadium in die Praxis sprechen die Gründer bereits mit potenziellen Kunden. Sie visieren in erster Linie industrielle Anwendungen an, da dort nicht nur großer Handlungsbedarf besteht, sondern auch die notwendige Infrastruktur in Planung ist. „Konkret sprechen wir über zukünftige Umschlagpunkte für Wasserstoff, beispielsweise in den Häfen von Rotterdam oder Hamburg. Dort gibt es aufgrund der Rohstofftransporte bereits konkrete Pläne für Wasserstoffhubs und mit den herannahenden Gesetzesänderungen auch den Handlungsbedarf zur Dekarbonisierung“, erklärt Leimann. Obwohl der Wasserstoffmotor heute noch nicht auf dem Markt ist, dürfte sein Potenzial naheliegen: Jeder konventionelle Verbrennungsmotor, der im maritimen Bereich durch einen Wasserstoffmotor ersetzt wird, ist ein Gewinn für die Sauberkeit der Luft. Im Vergleich zu seinen Diesel- oder E-Fuels-Konkurrenten ist er auch lokal sauber, da er keine Kohlenstoffatome freisetzt. Bei der Wasserstoffverbrennung entstehen als Nebenprodukt minimale Stickstoffoxid-Rohemissionen, die auch heute schon ohne Abgasnachbehandlung niedriger sind als die kommenden Grenzwerte. REVYVE gibt damit den Anstoß für eine klimaneutrale Mobilität auf dem Wasser – für eine saubere Fahrt voraus.

 

Weiterführende Links:

 

Bilder:

  • Denys Yelmanov / iStock.com
  • Amadeus Bramsiepe / KIT

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