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WASSER AUS WINDELN
Der Einfall kam beim Wickeln seiner kleinen Tochter: Windeln nehmen große Mengen Wasser auf und verschließen es in sich. Andere Stoffe, wie im Körper enthaltenes Salz, werden zwar auch in das Innere der Windel geleitet, jedoch nicht so schnell aufgenommen wie Wasser. So werden Wasser und Salz voneinander getrennt. „Ich dachte mir: was eine Windel kann, muss auch mit Meerwasser funktionieren“, erinnert sich Professor Manfred Wilhelm, „einziges Problem war, dass Einmalwindeln alle Flüssigkeiten in sich binden sollen. Bei der Meerwasserentsalzung geht es natürlich darum, Süßwasser rückzugewinnen“.
Die in Windeln enthaltenen Polymere (vielteilige Kunststoffe) sind so klein gemahlen wie ein Sandkorn und nehmen das 100-fache ihres Volumens an Flüssigkeit auf. Gemeinsam mit seinem Doktoranden Johannes Höpfner hat der Chemiker Wilhelm die handelsüblichen Polymere so weit entwickelt, dass sie nicht nur gut absorbieren, sondern die Flüssigkeit unter Druck auch wieder abgeben. „Wenn das Material mit Meerwasser vollgesogen ist, pressen wir es einfach aus wie einen Schwamm. Drei Durchläufe reichen, um ausreichend entsalzenes Wasser zu erhalten“, sagt Höpfner, der die „Polymerpresse“ selbst konstruiert hat.
„Die Vision ist eine mobile, dezentrale, günstige, umweltschonende Mini-Wasserfabrik. Jedes Dorf in der Nähe des Meeres könnte so etwas selbst betreiben.“
Der Markt ist groß: von Schiffen und U-Booten bis zu Inseln mit geringem Süßwasservorkommen und wasserarmen Ländern wie im Nahen Osten werden schon heute Menschen fast ausschließlich über Meerwasserentsalzungsanlagen versorgt. Etablierte Techniken sind energieintensiv und kämpfen mit Nachteilen wie Membranfouling. Die Polymerpresse könnte die skalierbare Alternative sein. In Wilhelms Labor steht schon jetzt eine Halbliterpresse. Wie schmeckt das Wasser aus den ehemaligen Windelpolymeren? „Noch trinke ich Wasser flaschenweise aus dem Supermarkt“, lacht er.
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Bilder: KIT