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KLEIN, ABER OHO

Wie die Ausgründung FORMIC mit kleinen Transportmodulen tonnenschwere Lasten im Handumdrehen bewegt und was das mit Ameisen zu tun hat.

Die Transportmodule fahren ferngesteuert an die Anlage heran und agieren mittels kamerabasierter Objekterkennung als Schwarm.


Was wir von Ameisen lernen können

Sie sind klein, sozial und arbeitsteilig organisiert. Sie kommunizieren über Gerüche und verfügen über gigantische Körperkräfte. Sie können ein Vielfaches ihres Körpergewichts heben und Lasten sogar kopfüber oder rückwärts über weite Strecken in ihr Nest transportieren – Ameisen verfügen über wahre Superkräfte. Es ist kaum verwunderlich, dass sich ihre Eigenschaften im Transportbereich großer Beliebtheit erfreuen. Bereits seit langer Zeit unterstützen Hubwägen oder Gabelstapler die Menschheit beim Transport oder Verrücken schwerer Maschinen und Waren. Einige dieser Maschinen tragen sogar passenderweise den Namen „Ameise“.

 

Limitierte Einsatzmöglichkeiten

Was für viele Transportgüter gut funktioniert, hört bei den meisten Anlagen und Maschinen jedoch auf. Kürzere Produktlebenszyklen oder Änderungen im Produktionslayout sind nur einige Gründe, warum in produzierenden Unternehmen Maschinen und Anlagen verschoben oder abtransportiert werden müssen. Nicht selten sind diese groß, sperrig und wiegen mehrere Tonnen – eine Herausforderung für deren Transport. „Wir waren in vielen Industrieprojekten unterwegs und haben live miterlebt, wie aufwendig und kompliziert ein Maschinentausch mit derzeitigen Methoden ist. Nicht selten beeinflusst es zudem andere Prozesse, die im schlimmsten Fall pausieren müssen. Was eine am Ende kleine Verbesserung im Produktionsprozess versprechen soll, ist vorab nervenaufreibend, mühsam und in der Konsequenz zeit- und kostenintensiv“, erläutert Dr.-Ing. Benedikt Klee, Mitgründer von FORMIC Transportsysteme.

 

Modulares Transportsystem FORMIC25
Das modulare Transportsystem FORMIC25 kann schwere Lasten anheben und sicher bewegen.

Eins für alle, alle für eins

Schnell war klar, dass es eine unterstützende technische Lösung braucht. Gemeinsam mit seinem Mitgründer Dr.-Ing. Maximilian Hochstein hat Klee das modulare Transportsystem FORMIC25 entwickelt, das schwere Lasten unabhängig von Größe und Gewicht koordiniert anheben und sicher bewegen kann – bedient von nur einer einzigen Person. Das System besteht aus mindestens drei bis maximal fünfzehn verhältnismäßig kleinen, flachen fahrbaren Modulen. Diese fahren ferngesteuert an die Anlage heran und arbeiten dann automatisiert. Sie heben die Last in Formation/als Gruppe via Hubmechanismus an, fahren unter das Lastgut und lassen dies koordiniert auf sich absinken. „Da Maschinen in Form und Gewicht sehr individuell sind, dockt man mit den Fahrzeugen in der Regel immer an unterschiedlichen Stellen an. Die Fahrzeuge wissen folglich nicht, wo sich die anderen befinden. Sie agieren als Schwarm und können mittels kamerabasierter Objekterkennung millimetergenau ihre exakte Position zueinander bestimmen. Erst danach bewegen sie die Last in Formation hin zum Bestimmungsort“, beschreibt Hochstein den Ablauf im Detail. Im übertragenen Sinne agieren die Transportmodule als soziales Kollektiv wie in einer Ameisenkolonie: Zusammen erbringen sie eine Leistung, die ein einzelnes Tier nicht erbringen kann. Eine Vielzahl einfacher Interaktionen lässt ein intelligentes Gesamtgebilde entstehen und mündet in der perfekten Bewegung zum Bewegen der Anlage.

 

Infobox Objekterkennung

Transportmodule transportieren gemeinsam ferngesteuert die Last.
Die Transportmodule fahren ferngesteuert an die Anlage und agieren mittels kamerabasierter Objekterkennung als Schwarm.

Sicheres Schwarmverhalten

Damit dieser automatisierte Ablauf keine Gefahr für Mensch und Maschine birgt, haben die Gründer wesentliche Funktionen für die Sicherheit der Fahrzeuge implementiert. „Wenn ein Fehler passieren sollte, zum Beispiel, weil ein Fahrzeug vor ein Hindernis fährt und die Formation verlässt, müssen Gefahren für die Anlage und umstehende Personen unter allen Umständen vermieden werden. Wir haben anfangs eine ausführliche Risikobewertung gemacht und herausgefunden, wie wir Gefahren auf ein Minimum reduzieren können. Entsprechende Sensoren und Mechanismen mussten wir neu entwickeln und in die Fahrzeuge einbauen“, sagt Klee. Der Maschinenbauingenieur Hochstein ergänzt: „Die von uns entwickelten Sensoren erkennen potenzielle Gefahren und sorgen im Zweifel für einen Not-Stopp. Die Fahrzeuge bleiben dann direkt stehen.“ Neben Sensoren haben die Gründer auch Teile der Elektronik, den Hubmechanismus und die Software selbst entwickelt. Derzeit bauen und testen sie den dritten Prototyp. Der Austausch mit diversen Industriepartnern und Transportdienstleistern hilft ihnen dabei, wertvolle Erkenntnisse zur Weiterentwicklung des Systems einzuholen.

 

Dr.-Ing. Maximilian Hochstein und Dr.-Ing. Benedikt Klee sitzen auf FORMIC Transportsystem
Erfolgreich gegründet: Dr.-Ing. Maximilian Hochstein (l.) und Dr.-Ing. Benedikt Klee (r.) haben sich den Traum einer Selbstständigkeit mit FORMIC Transportsysteme ermöglicht.

Volle Kraft voraus

Die physischen Merkmale sowie die enorme Leistungsfähigkeit der Module dürften vor allem für Dienstleistungsunternehmen im Transportsektor, Werkzeugmaschinenhersteller oder große produzierende Unternehmen interessant sein, um Anpassungen in Produktionsketten zukünftig flexibel und mit geringerem Aufwand eigenständig umzusetzen. Die Formic-Module sind klein und platzsparend, dadurch auch in engen Korridoren einsetzbar. Ihr Fahrwerk ist darauf ausgelegt, kleine Unebenheiten wie Schwellen, Fugen oder Regenrinnen problemlos zu überqueren. Auf den Einsatz von Zugfahrzeugen und Muskelkraft kann mit FORMIC25 vollständig verzichtet werden. Schon jetzt sind erste Industrieversuche mit dem aktuellen Prototyp erfolgversprechend und das Gründerduo blickt optimistisch in die Zukunft: „Anfang 2023 streben wir die notarielle Ausgründung an, möchten unseren Prototyp marktfähig haben und mit der Produktion starten.“

„Mir macht es Spaß, an den Fahrzeugen zu arbeiten und zu sehen, dass da was wächst. Mein Ziel war es schon immer, mich mit einer guten Hardwarelösung selbstständig zu machen, die anderen was bringt.“

Dr.-Ing. Benedikt Klee

 

 

Bilder: Amadeus Bramsiepe / KIT

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